Arnsberg!sagenhaft – Arnsberger Sagen und Anekdoten neu erzählt und fotografisch illustirert
Dieses Buch präsentiert alte und meist bekannte Sagen und Anekdoten in einer neuen Form von Bild und Text. Einer Sage liegen meist sehr weit zurückliegende Ereignisse zugrunde, die an bestimmten Orten geschehen sind. Im Laufe des weitererzählens solcher Geschichten können sich die Orte ändern, dass etliche dieser Geschehnisse schließlich von mehreren Regionen oder Ländern in Anspruch genommen werden. Da man sie oft über Jahrhunderte hinweg mündlich überliefert hat, erfahren sie fantasievolle Übersteigerungen und oft zunehmende Dramatik. Trotzdem bleibt der Eindruck einer möglichen Wahrhaftigkeit erhalten, weil die Handlungen ja an Personen und Orte gebunden sind, auch wenn sie weit zurückliegen. Das Geschehen in den Inhalten der Sagen vermischt sich im Laufe der Zeit immer mehr mit subjektiven Fantasievorstellungen, sodass sich die Sagenwelt zunehmend übernatürlicher und fantastischer entwickelt hat. Tiere und Pflanzen vermenschlichen sich und geisterhafte Wesen wie Zwerge, Riesen, Elfen und Gespenster beleben die Handlungen. Diese Bezüge zu Personen und Orten unterscheiden die Sagen von den Märchen, deren Gestalten, Helden, Begebenheiten und auch Orte durchweg reine Fantasiegebilde sind.
Eine weitere Art von überlieferten Geschehnissen sind die Anekdoten. Diese liegen
im Vergleich zur Sage zeitlich meist gar nicht so weit zurück. Immer rankt sich eine Anekdote um bestimmte Personen, die namentlich oft noch heutigen Generationen bekannt sind, meist in Gestalt von Originalen bestimmter Regionen. Beim Erzählen ihrer Erlebnisse werden sie scharf charakterisiert, die Handlungen konzentrieren sich auf das Wesentliche, sind kurios, fordern Schmunzeln heraus und enden immer in einer Pointe. Insbesondere in Städten und Regionen mit einer weit zurückreichenden Historie haben sich solche Erzählformen zahlreich herausgebildet. Wenn sie auch immer wieder schriftlich festgehalten wurden, lebten und leben sie von der mündlichen Überlieferung. Das trifft auch auf Arnsberg zu. Die alte Stadt verfügt über einen umfangreichen Schatz an Sagen und Anekdoten, die in zahlreichen Heften und Büchern nachzulesen sind.
Warum dann ein weiteres Buch?
Beim Durchstöbern der Arnsberger Sagenliteratur fällt vordergründig die Sprache auf, der durch ständiges Nacherzählen oft eine ausgesprochene Altbackenheit anhaftet. Diese lenkt in vielen Fällen von der Dramatik ab, die den geschilderten Szenen innehaftet. Daher habe ich mich zwar an die vorliegenden Texte angelehnt, jedoch versucht, sie in eine zeitgemäße Sprache zu kleiden, die auch von Kindern besser verstanden und dem Spannungsbogen der fantastischen Geschichten gerechter wird. Plattdeutsche Passagen werden hochdeutsch wiedergegeben, dass sie auch beispielsweise von eventuellen Lesern meiner rheinischen Herkunft verstanden werden. Wenn Hintergrundinformationen zu den Geschichten bekannt sind, habe ich sie jeweils angemerkt, um Bezüge zur Gegenwart herzustellen.
Da wir heute gewöhnt sind, Sachverhalte nicht nur durch Texte, sondern vielmehr auch visuell in Form von Bildern aufzunehmen, habe ich mich vorrangig zu einer aufwändigen Illustrierung durch Fotomontagen entschlossen. Im Gegensatz zu Zeichnungen können die hoch spannenden Situationen des Sagen- und Anekdoteninhalts gewissermaßen wie eine Momentaufnahme wiedergeben werden. Es soll so wirken, als hätte ein Fotograf gerade in dem Augenblick auf den Auslöser gedrückt, als etwas Dramatisches passierte. Wie mit Teilen eines Baukastens wurden Personen, Tiere, Gegenstände, Landschaften und Naturgewalten zusammenmontiert, um der Mystik bestimmter Handlungssituationen angemessenen bildlichen Ausdruck zu verleihen. Einige Fotomontagen bestehen aus bis zu 50 Einzelteilen, die, aus unterschiedlichen Quellen stammend, ineinander kopiert wurden. Ein Problem ergab sich dabei: Ich musste mich weitgehend aus dem Fundus meiner Fotografien aus den letzten Jahrzehnten bedienen. Da viele Sagen schon auf das Mittelalter zurückgehen, darf man nicht zu streng bei der Beurteilung von Kleidungen, Landschaften und Ausstattungen sein. Sie sollen zwar ein altertümliches Erscheinungsbild zeigen, entsprechen jedoch meist nicht exakt den historischen Realitäten. Das Ziel der Illustrationen ist es vorrangig, sich von der Dramatik der Texte im wahrsten Sinne des Wortes „ein Bild zu machen“, um damit die Fantasie gewissermaßen in einer zweiten Dimension zu beflügeln. Dazu tragen auch die vielen Details in den szenischen Darstellungen bei. In diesem Sinne wünsche ich mir, dass der Leser viel Spaß bei der Beschäftigung mit den in vielerlei Hinsicht neu gestalteten Sagen und Anekdoten hat.
Oktober 2020, Jochem Ottersbach
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